Dienstag, 11. Mai 2010

Rap-Oma in der U-Bahn

Das U-Bahn-Netz von Caracas ist nicht besonders groß, dreieinhalb Linien, und doch: Ich denke, es ist für die Stadt eine große Errungenschaft. U-Bahn-Fahren ist billig, ziemlich sicher und vor allem ist man viel schneller unterwegs als mit dem Auto oder mit dem Bus im Verkehrschaos. So denken viele: Jeden Tag befördert die Metro rund zwei Millionen Passagiere. Und mehr geht einfach nicht. Vor allem zu den Stoßzeiten morgens und Abends drängen sich die Menschenmassen auf den Bahnsteigen und in den Zügen. Wenn die Klimaanlage ausfällt, was oft vorkommt, ist es stickig und heiß.

An den Haltestellen sind auf dem Boden gelbe Markierungen angebracht, die anzeigen, wo man sich anstellen soll. Wenn nicht so viel los ist, funktioniert das ganz gut. Wenn aber zur Rushhour plötzlich ein leerer Zug einfährt, kennt die Meute - nach einem Sitzplatz strebend - kein Halten mehr. Die Bahn hält und in drei, vier Sekunden ist der Wagen voll. Unglaublich.

Wenn die Bahn mal nicht ganz so voll ist, steigt manchmal ein Mann zu, verteilt Schokoriegel und sammelt sie danach wieder ein. Oder nimmt das Geld dafür. Ein super Sonderangebot, natürlich. Oder es gibt Live-Musik. Beatles' "Yesterday" auf der Blockflöte oder ein Gitarrenduo, sei es Latinostyle oder religiös angehaucht. Und dann, ganz unerwartet, kommt sie.

Sie trägt hohe Turnschuhe, dreiviertel-Leggins, eine lila Bluse und lange grüne Ohrringe; ihre schwarz-weiße Mütze, Typ Sträfling, verdeckt fast komplett ihre Haare. In der Hand hält sie ihren Ghettoblaster, an den sie aus Tesafilm einen Tragegurt gebastelt hat. Sie fängt an zu rappen, halbplayback zur Musik vom Band. Sie erzählt aus ihrem harten Leben. Und dabei sieht man, dass ihr am Unterkiefer ein paar Zähne fehlen. Wie alt sie ist, ist schwer einzuschätzen, 50, 60 Jahre?

Viele der Fahrgäste lächeln und stecken ihr gerne eine Münze oder einen Schein zu. Ich auch. Ein oder zwei Bolívares bekommt jeder, der einer solch ehrlichen und unterhalsamen Arbeit nachgeht. Und die Rap-Oma erst recht.

Bei Youtube kann man sich selber ein Bild machen (danke an Regina für den Link).



2 Kommentare:

  1. Mein Lieber,
    es ist aber sehr gewagt, eine 50- bis 60-Jährige "Oma" zu nennen. Pass auf, dass Du da keinen Ärger mit unserer Eltern-Generation bekommst ;-)

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  2. http://www.youtube.com/watch?v=yjXTkya40qc

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