Sonntag, 30. Januar 2011

Koka (I)

"Coca no es Cocaína", Koka ist nicht dasselbe wie Kokain, sondern ein Jahrtausende alte heiliges Kulturgut der Andenvölker, das betont Präsident Evo Morales immer wieder und steckt sich dabei gerne, wie hier bei den Vereinten Nationen in Wien, eines der Blätter in den Mund (Minute 3:30).



Ein großes Ärgerniss für Morales, der übrigens auch nach seinem Amtsantritt als Präsident immer noch Chef der Kokabauern-Gewerkschaften ist: Nicht nur der Anbau von Koka in Bolivien ist reglementiert, sondern auch das Koka-Kauen laut der UN-Betäubungsmittelkonvention aus dem Jahre 1961 verboten, und zwar 25 Jahre nach deren Inkrafttreten. Bolivien hat die Konvention im Jahr 1976 ratifiziert, demnach ist seit 2001 das Koka-Kauen auch in Bolivien nicht mehr erlaubt. Theoretisch.

Denn es wird weiter fleißig gekaut, nicht nur im Altiplano, gegen die Symptome der Höhenkrankheit, sondern auch im Tiefland, gegen Hunger und Durst. Koka kauend kann man härter arbeiten. Eine wahre Wunderpflanze, in der neuen Verfassung als "kulturelles Erbe" und als "erneuerbare natürliche Ressource" bezeichnet (Artikel 384).

Dieses Erbe gilt es zu schützen, deshalb war vor kurzem Boliviens Außenminister David Choquehuanca auf einer Tour durch einige europäische Länder, um für die Legalisierung des Koka-Kauens und eine entsprechende Änderung der UN-Konvention zu werben. Dasselbe tat Boliviens UN-Botschafter Pablo Solon vor Journalisten in New York.

Aber vor allem die USA bekämpfen das Koka-Blatt und alles, was dazugehört, denn schließlich kann daraus Kokain hergestellt werden (und wird natürlich auch). Heute läuft die Frist ab, bis zu der die UN-Mitgliedsstaaten Einspruch gegen Boliviens Ansinnen einlegen können.

Evo Morales und seine Cocalero-Kollegen werden weiter kämpfen.

Dienstag, 25. Januar 2011

Einfach lecker (I)


Fruchtshake auf dem Markt in Sucre, frisch zubereitet. 3-5 Bolivianos (ca. 0,30-0,50€), inklusive Nachschenken)

Montag, 24. Januar 2011

Der Bus faucht und Evo träumt

La Quiaca, Argentiniens Grenzstadt, Kakteen wachsen hier und Hunde bellen die Autos an. Samstagmorgen halb sieben, der Bus aus Salta war eine Stunde schneller als geplant. Es nieselt und es ist kalt. Ein paar Blocks weiter, in Villazón, ist es erst halb sechs, doch um die Stunde geschenkt zu bekommen, muss ich mich erstmal in die Schlange stellen. Viele Leute laufen an der Schlange vorbei, Männer, ein Fahrrad schiebend, und Frauen im bunten Gewand, beladen mit Tüten voller Brot und Eiern. Wer nur mal eben so nach Bolivien will, wird nicht kontrolliert.


"Bienvenidos a la República de Bolivia" steht auf dem Schild, in weißen Lettern auf grünem Grund. Das Schild ist veraltet, denn eine Republik ist Bolivien seit einem Jahr nicht mehr. Der Einreisestempel wurde schon aktualisiert: Estado Plurinacional de Bolivia steht da. Plurinationaler Staat Bolivien.

Der Bus umfährt einen die Straße blockierenden Unfall auf Feldwegen und faucht. Er kämpft sich nach oben; mal ist die Straße geteert, mal nicht. Die Landschaft ist karg, braune Erde, ein paar Sträucher, ab und zu ein Baum. Auf Mauern und Häuser steht, hingesprüht mit blauer Farbe: "Evo" und "MAS". "Más" heißt auf Spanisch "mehr" und MAS ist das Movimiento al Socialismo, die Regierungspartei Boliviens. Und Juan Evo Morales Ayma ist der erste indigene Präsident; er hat sich zum Ziel gesetzt, das Land umzugestalten, von 500 Jahre Kolonialherrschaft zu befreien. Was er (natürlich nicht alleine) schon geschafft hat (und was nicht), das will ich mir in den kommenden Wochen anschauen.


Abends in der Pension in Potosí, rund 4000 Meter über dem Meer, spricht Morales im Fernsehen, es ist die Zusammenfassung seiner Rede vor dem Parlament. Genau fünf Jahre ist er nun im Amt und zieht Bilanz. Und er träumt. Er träumt von einer Zugverbindung vom Atlantik zum Pazifik und ist gleich bei dem für Bolivien wichtigsten Thema: Dem Zugang zum Meer.

Den verlor Bolivien nämlich Ende des 19. Jahrhunderts und ist seitdem ein Binnenstaat - ein nationales Trauma. Und die Atacama-Wüste, sagt Morales noch ganz nebenbei, die holen wir uns auch bald zurück. Die Atacama-Wüste (bekannt durch die 33 Kumpel, die dort aus dem Stollen gerettet wurden und unter der ein großes Lithium-Vorkommen vermutet wird), gehört aber zu Chile. Und jetzt sagt Morales, sie holen sie bald zurück! Das sorgt für Schlagzeilen und Aufregung. Kommt gar nicht in Frage, faucht Chiles Präsident Piñera. Zwar reden die beiden Regierungen seit einer Weile wieder miteinander, auch über Boliviens Meereszugang, aber die Atacama-Wüste steht nicht zur Debatte, betont Piñera.

Am Sonntag sagt Morales' Sprecher: Das mit der Atacama-Wüste, das war nur ein Scherz.

Sonntag, 23. Januar 2011

Salta

1600 Kilometer. Aber die Fahrt von Buenos Aires nach Salta, im Norden von Argentinien, ist gar nicht so weit wie es kingt. 18,5 Stunden im Bus, wenn es Pausen gab, habe ich die verschlafen. So eine Fahrt vergeht wie im Flug.


In Salta fängt Bolivien schon so ein bisschen an. Vor der Kathedrale steht Don Augustín. "Koka, Koka", ruft er. Er verkauft Koka-Blätter, 5 Peso der Beutel, umgerechnet ein Euro. Dabei kaut er die ganze Zeit.


Die Blätter kommen aus Bolivien, erzählt er, "alles legalisiert jetzt", zumindest für den persönlichen Gebrauch. In der Tat: Ein paar Meter weiter steht ein Polizist, ihn stört das Ganze absolut nicht. Trotzdem ist das mit dem Koka alles ein bisschen komplizierter. Mehr dazu bald.

Mittwoch, 19. Januar 2011

Argentinien-Uruguay

Wieder in unterwegs in den Amerikas, so südlich wie noch nie, Reis mit Bohnen gibt es hier nicht. Sondern Fleisch. Rindfleisch vor allem. Willkommen in Argentinien. (Und auch wenn die Fleischpreise noch stärker als die sonstigen Preise steigen, ist Fleisch hier viel zu billig.)



Gleich neben der Werbung, die Coca Cola zum Asado anpreist, gibt es Werbung von Visa; die Behauptung dabei, man bekomme damit überall Geld. Das ist – man muss es so sagen - eine Lüge. Am Flughafen gibt es vier Geldautomaten, zumindest habe ich nicht mehr gefunden, an keinem einzigen bekommt man mit der Visa-Karte Geld. Und auch sonst mit keiner Karte wohl, denn in Argentinien herrscht ein Mangel an Bargeld, und da gibt es eben nicht immer und nicht an allen Geldautomaten Bargeld. (Münzen, die man etwa zum Busfahren braucht, sind übrigens auch eher Mangelware; wer Kleingeld hat, kann damit Geld verdienen.)



Dass man im südlichen Südamerika Mate trinkt, wusste ich natürlich. Hatte aber die exorbitante Begeisterung, die diesem Kraut-Aufguss zu Teil wird, eher zurückgekehrten Austauschstudenten zugeschrieben. Aber die Leute scheinen das Getränk wirklich zu lieben. Noch augenscheinlicher ist das in Uruguay, wo ich ein paar Tage verbrachte. Alle, wirklich alle, laufen mit einer Thermoskanne unterm Arm und dem Matetrinkgefäß in der Hand durch die Gegend und schlürfen zwischendurch den Kräutersud. Ob auf der Straße...


Oder am Strand der Hauptstadt (Es sind gerade Sommerferien.)



Buenos Aires ist eine angenehme, lebendige, aber nicht zu chaotische Großstadt (und in vielerlei Hinsicht irgendwie europäisch). Die U-Bahn ist superbillig, Taxipreise ok, die Parks haben eigene Facebook-Seiten. In den Buchländen, von denen gibt es erfreulich viele, darunter dem angeblich zweitbesten der Welt, stapeln sich die Bücher über den kürzlich verstorbenen Ex-Präsidenten Néstor Kirchner. Die Bewertungen fallen unterschiedlich aus. War er ein unsterblicher Held, ein korrupter Staatschef oder "der letzte Peronist"?

Vielleicht von allem ein bisschen.

Bilder aus Buenos Aires gibt es im Album rechts.
Jetzt geht es ein Stück mit dem Bus nach Norden.